(Identifizierungs)Diensteanbieter

Typ: Interview , Datum: 03.11.2020

Klaus Wolter, Leiter der Vergabestelle für Berechtigungszertifikate beim Bundesverwaltungsamt, über die Entwicklung bei den (Identifizierungs)Dienstanbietern

Herr Wolter, die Vergabestelle für Berechtigungszertifikate ist seit 2010 die erste Anlaufstelle für Unternehmen und Behörden, die den Online-Ausweis in ihre Systeme integrieren möchten. Wie hat sich die Novellierung des PAuswG im Sommer 2017 auf Ihre Vergabepraxis ausgewirkt?

Zu Beginn 2010 standen die datenschutzrechtlichen Gesetzesregelungen zur Erforderlichkeit und der Zweckbindung der Datenverarbeitung im Vordergrund. Mit Hilfe von Unternehmen und Behörden sowie einiger Datenschutzbehörden haben wir noch vor Inkrafttreten des Gesetzes die Genehmigungspraxis konkretisiert. Das führte allerdings sowohl bei Behörden als auch bei Unternehmen anschließend dazu, dass Prozesse zum Teil separat geprüft werden mussten.

Mit der Entwicklung des sogenannten Bürgerkontos im Jahr 2013 gemeinsam mit der Vitako haben wir für Behörden die Genehmigungspraxis soweit verändert, dass nicht mehr einzelne Kommunen einzelne Verwaltungsleistungen nutzen durften, sondern dass eine organisations- und behördenbezogene Genehmigung möglich wurde, die aktuell im OZG unter dem Begriff Nutzerkonto ausdrücklich rechtlich geregelt ist. Verwaltungsleistungen wie zum Beispiel ein Meldeschein, eine Gewerbeanmeldung oder eine Kraftfahrzeugzulassung werden so mit einer Genehmigung gebündelt.

Die Novellierung des PAuswG ermöglicht seit 2017 das gleiche Vorgehen auch für Unternehmen, so dass auch dort nicht mehr einzelne Prozesse betrachtet werden, sondern die verschiedenen Prozesse in einer Genehmigung zusammengefasst sind. Das erleichtert es auf der einen Seite den Firmen, Anträge zu stellen, auf der anderen Seite sind aber trotzdem die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit nicht verändert, weil eine datenschutzrechtliche Prüfung durch die Datenschutzaufsichtsbehörden weiter jederzeit möglich ist. Wir beraten die Firmen soweit wir dort auf Grund unserer Erfahrung noch Gesprächsbedarf erkennen.

Sie stehen quasi täglich mit (potenziellen) Diensteanbietern in Kontakt. Hat sich das Interesse der Unternehmen und Behörden am Online-Ausweis in den zehn Jahren verändert?

Bei Behörden haben gesetzliche Verpflichtungen, wie zum Beispiel die internetbasierte Fahrzeugzulassung, zu einem deutlich gestiegenen Beratungsbedarf und zu höheren  Genehmigungszahlen geführt.

Darüber hinaus hat die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) allen Verwaltungsebenen verdeutlicht, dass Identitätsmanagement mit der Online-Ausweisfunktion auch in Verwaltungsverfahren von zentraler Bedeutung ist.

Bei den Unternehmen standen wir vor allem am Anfang vor dem Henne-Ei-Problem, Zurückhaltung war erkennbar. Derzeit verändert sich die Haltung insbesondere bei den Unternehmen, die einen hohen Schutzbedarf oder strenge gesetzliche Anforderungen bei der Datenverarbeitung haben, wie zum Beispiel Banken und Versicherungen.

"Seit März 2020 beobachten wir ein zunehmendes Interesse, Identifizierungsprozesse kontaktlos und online abzuwickeln, sicher ein Ergebnis der Corona-Pandemie."

Klaus Wolter, Leiter der Vergabestelle für Berechtigungszertifikate beim Bundesverwaltungsamt

Von der Kontoeröffnung bis zum Accountmanagement hat Identitätsdiebstahl in den letzten Jahren immer höheres Schadenspotenzial entwickelt. Identitätsdiebstahlkann durch die Online-Ausweisfunktion mit staatlich garantierter IT-Sicherheit besser verhindert werden.

Die Gesetzesänderung 2017, die nur noch die Ausgabe von aktivierten Ausweisen zulässt sowie die Flächendeckung, die im November 2020 erreicht ist, machen es für Unternehmen aufgrund des erheblich höheren Potenzials deutlich attraktiver, die Online-Ausweisfunktion zu nutzen.

Seit März 2020 beobachten wir ein zunehmendes Interesse, Identifizierungsprozesse kontaktlos und online abzuwickeln, sicher ein Ergebnis der Corona-Pandemie.

Die Möglichkeit, Identifizierungsdienste anzubieten, hat der Gesetzgeber mit der Novellierung des PAuswG 2017 geschafften. Hat der Markt darauf reagiert und wenn ja, welche Entwicklung können Sie feststellen?

Während das Gesetz bis 2017 die Möglichkeit, Daten an Dritte weiter zu geben, deutlich beschränkt hatte, nutzen Firmen jetzt in steigender Anzahl die Identifizierungsdienste. Unternehmen und Behörden benötigten keine eigene zusätzliche technische Infrastruktur für die Online-Ausweisfunktion, um hochvalide Identitätsdaten verarbeiten zu können.

Die Auslagerung von Identifizierungsprozessen an Dritte ist vor allem im Bankenumfeld oder zum Beispiel bei der Registrierung von Prepaid-Karten der Telefonanbieter verbreitet und wird stark in Anspruch genommen. Die Identifizierungsdienste müssen ein besonderes Zertifizierungsverfahren durchlaufen, das den speziellen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit entspricht. Als Vergabestelle haben wir mit den Kunden der Identifizierungsdienste nicht mehr unmittelbar zu tun, sind aber gern bereit, im Interesse der Online-Ausweisfunktion auch über diese Kundenangebote auf dem Personalausweisportal zu informieren.

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Vergabestelle für Berechtigungszertifikate